Islamistischer Mord an Lehrer bei Paris

Aus Frankreich erreicht uns die Nachricht, dass ein Geschichtslehrer, der in seinem Unterricht im Rahmen der Diskussion über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte – offenbar nach entsprechender Vorwarnung an seine muslimischen Schüler, diese sollten, wenn sie es wünschen, den Raum verlassen –, von einem Achtzehnjährigen, der sich durch Gedankengut des radikalen Islamismus motiviert sah, barbarisch ermordet wurde. Was es für mich in diesem Zusammenhang zu diskutieren gibt, ist erneut die Frage nach der Verantwortlichkeit von Menschen für ihre Taten. Meine Antwort auf diese Frage ist eindeutig: „Theoretische Philosophie“ kann die Frage nach der menschlichen Willensfreiheit kategorisch nicht überzeugend entscheiden, aber „praktische Philosophie“ muss zwingend und alternativlos von solcher Willensfreiheit ausgehen, damit gelingendes menschliches Leben und Zusammenleben überhaupt möglich ist. Deshalb gilt: Wer in der Lage ist, auf geplante und durchdachte Weise aggressive Handlungen auszuführen, muss uneingeschränkt für seine Taten verantwortlich erklärt werden – unabhängig von Faktoren wie beispielsweise seinem Alter oder seiner Intelligenz. Auch psychoanalytische oder sonstige lebensbiografisch orientierte Verständnisansätze sind in einem solchen Fall bewusst zu vernachlässigen – nicht weil das in irgendeinem abstrakten Sinne „die Wahrheit“ wäre, sondern weil wir lebenspraktisch ganz zweifellos keine andere sinnvolle und realistische Entscheidungsmöglichkeit haben. Das bedeutet: Jeder Ansatz zu irgendeinem argumentativen Versuch, den Täter teilweise zu entschuldigen, ist kategorisch illegitim. Die Härte dieser Aussage ist angemessen, weil sie unmittelbar die Härte der Daseinsbedingungen spiegelt, unter die wir Menschen in unserer irdischen Existenz alle häufig gestellt sind. Die notorischen „Entschuldiger“ sind jene Weltverbesserer, die die niemals „immanent“, sondern immer nur durch Transzendenz auflösbare Begrenztheit allen „diesseitigen“ Daseins nicht akzeptieren können. Unsere Persönlichkeiten stoßen an Grenzen, und unsere Verständnis- und Nachsicht-Möglichkeiten stoßen genauso an Grenzen. Aus genau demselben Grund, aus dem sie die ungemilderte persönliche Verantwortlichkeit von Terroristen fordern, geben alle echt Spirituellen gleichzeitig kein „transzendentes“, sondern immer nur ein bewusst auf diesseitige Kriterien sich beschränkendes Urteil über Mitmenschen wie den jüngsten Attentäter von Paris ab.

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