Recht auf Irrtum

Bischof Georg Bätzing twitterte am 20.11.2020, er sei „dankbar, dass die #Medien ihren Auftrag erfüllen und Dinge aufklären, die wir gerade nicht schaffen aufzuklären“. Das bezog sich auf die Thematik des Missbrauchs in der Kirche. Logisch wäre aus meiner Sicht, diese Haltung nun auch auf die gesamte Theologie auszudehnen: Es gibt eine unvoreingenommene theologische Aufklärung, die aus der Perspektive eines autoritativen Lehramtes nahezu kategorisch unmöglich ist und zu der es daher eines von grundlegend anderen sozialen Rollenbedingungen getragenen Blickwinkels bedarf. Das zuzulassen, dazu besteht jedoch offenkundig bei einigen, mutmaßlich zahlreichen Kollegen von Bätzing nach wie vor nicht einmal ein Minimum an Bereitschaft. Denn dem bemerkenswerten Bätzing-Diktum entgegen steht nun eine dpa-Meldung vom 20.4.21: „Der Passauer Bischof Stefan Oster fordert eine Diskussion darüber, welche katholischen Medien mit Kirchensteuern finanziert werden und wer Theologie an der Universität lehren darf. Aktueller Anlass ist eine Äußerung der Tübinger Theologin Johanna Rahner zur Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche: Wer nicht aktiv gegen die Diskriminierung eintrete, sei ‚ein Rassist‘. Auch kirchliche Medien hatten darüber berichtet. Oster kritisierte dies auf seiner Homepage und forderte Konsequenzen.“

Zwar kann auch ich nicht nachvollziehen, inwiefern „Gender“ eine „Rasse“ sein soll – hier scheint mir leider tatsächlich eine nicht hinreichend akademische Schlampigkeit des Begriffsgebrauchs vorzuliegen -, aber dieser diskursive „Nebenkriegsschauplatz“ ist mir nicht wichtig genug, um mich seinetwegen in die ungewollte, aber faktische argumentative Nähe von inner- wie außerkirchlichen Rechtskonservativen zu begeben, die es lieben, derartige nachrangige Einwände augenwischerisch aufzubauschen. Entscheidend ist, dass die Wortmeldung von Stefan Oster mit deprimierender Deutlichkeit gezeigt hat, wie wenig der deutsche Episkopat in Wirklichkeit gewillt ist, an Zustand, Verfassung und Strukturen seiner Kirche irgendetwas zu ändern. Während Kardinal Woelki sich aus einem entsprechenden Bekenntnis notorisch diplomatisch herauslaviert, pflegt Oster zunehmend den unverblümten Stil. Darüber, was von beidem schlimmer oder besser ist, mag ich schon gar nicht mehr reflektieren.

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