Angela Merkel hat ihren Ehrendoktortitel der Universität Bern entgegen genommen. Gegen Ende der Feierstunde wurde sie gefragt, wie sie nicht zuletzt angesichts massenhafter flucht- und vertreibungs-genährter Einwanderungshoffnungen Europa gegen Islamisierung zu schützen gedenke. Ihre nicht sonderlich gutgelaunte, aber sehr souveräne Antwort darauf war in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Einerseits machte sie überraschend deutlich, dass jeglicher Sinn einer europäischen „Abwehr“ des Islam gegebenenfalls überhaupt nur auf der Intensität und Authentizität beruhen kann, mit der „wir“ selbst Christen sind und dies auch konkret unter Beweis stellen, bis hin zu einem gewissen Maß praktizierter Kirchlichkeit. Zum anderen begründete sie die gebotene politische Einmischung Europas in die gegenwärtigen „innerislamischen“ Konflikte mit der Feststellung, „wir“ hätten zu diesen Eskalationen schließlich auch jede Menge „Kämpfer beigetragen“, also Dschihadisten in europäischen Ländern „wachsen“ lassen, die ausreisen, um an jenen Glaubenskriegen oder jedenfalls „religiös unterfütterten“ Groß-Gewalttaten aktiv teilzunehmen, als deren Folgen aktuell zigtausende Flüchtlinge an die von ihnen für schützend gehaltenen Grenzen Europas anbranden. Der ersten These kann ich in vollem Umfang recht geben: Wenn man eine Religion zurückweisen möchte, kann dies sinnvoll nur von der soliden Basis einer anderen Religion aus geschehen. Die zweite These bedarf einer Ergänzung bzw. des Hinweises auf eine bemerkenswerte Lücke oder Auslassung: Europa hat nicht nur islamistische Gotteskrieger in die religiös aufgeladenen Krisenherde dieser Welt exportiert, sondern dazu noch eine weit größere Zahl an Waffen. Dass die Bundeskanzlerin beim gegebenen Anlass von letzterem schweigt, kann ich politisch nachvollziehen, aber moralisch nicht auf sich beruhen lassen. Der Reichtum, den Europa sich zu einem nicht unerheblichen Teil mit seiner Rüstungsindustrie verdient hat, muss selbst bei Akzeptanz der These, dass kein Hersteller eines Geräts dafür verantwortlich ist, was der Benutzer damit anstellt, jetzt zumindest dazu verwendet werden, den aus von diesen Waffen verwüsteten Gebieten Geflohenen in Europa ein menschenwürdiges Asyl einzurichten.